15 November 2006

Mittwoch

Momentan befinde ich mich in der elften Stunde meiner Schicht und es sind nur noch wenige Gäste da. Direkt am Tresen steht ein junger Mann. Er hat sich ein wenig nervös umgeschaut als er in die Bar eingetreten ist. Nun liest er die Tafel mit den verschiedenen Drinks hinter mir durch.

"Ehm... also... ich hätte gerne ein Bier... und..." Er zieht eine kleine Pistole aus der Tasche seiner Jacke hervor und richtet sie auf mich. "... den Inhalt der Kasse - sofort!"

Irgendwie habe ich es mir ja schon beinahe gedacht. Die Art wie er sich in den Laden hineinbewegt und sich umgeschaut hat. Wahrscheinlich dachte er das er leichtes Spiel hätte, weil wenige Gäste da sind. Sicher würde niemand von ihnen sich für mich eine Kugel einfangen, aber dennoch bin ich mir sehr sicher das, wenn der Räuber sich nun umdrehen und flüchten wollen würde, er mindestens drei Kugeln in den Beinen hätte.

"Okay. Aber das ist eine Sicherheitskasse. Wenn du mehr als bloß hundert Kröten muss ich den Safe öffnen." Ich trete gegen die Spüle um dem Typen was vorzuspielen.

"Jaja - mach schon!"

Ein Stück weit lehnt er sich über die Theke. Ich bin mir noch nicht sicher ob die Waffe geladen ist oder nicht. Immerhin hat der Typ gezeigt das er ein Anfänger ist. Keine Maske oder sonstige Schutzmaßnahmen sodass man ihn nicht erkennt und nur eine Kleinkaliberwaffe.

"Weißt du Junge...", beginne ich unter die Theke gebeugt. Ich greife unauffällig hinter mich und ziehe meinen Revolver hervor. Mit diesem fest in der Hand tauche ich wieder nach oben auf. "... du hast gerade den beschissensten Fehler deines Lebens begangen."

Seine Augen werden schon beinahe riesig als er in den Lauf meiner Waffe blickt. Verglichen mit seiner mickrigen Pistole ist mein Revolver ein Panzer und das hat er scheinbar auch erkannt. Ohne lange zu fackeln drücke ich ab und schieße dem Mann in die Schulter - auf diese Reichweite nicht zu treffen ist unmöglich. Einen Knall später wird der Junge hart und schnell zu Boden gerissen.

Schreiend rollt er sich über den Boden, eine Hand an die Schulter gelegt die ich angeschossen habe. Seine Pistole hat er bereits fallen gelassen. Während ich um den Tresen herumgehe bemerke ich wie ein Gast schon über sein Mobiltelefon die Polizei gerufen hat. Als ich auf ihn zugehe will er noch mal nach seiner Pistole greifen, ein weiterer, gezielter Schuss unterbindet diesen Versuch aber wieder umgehend.

Nun schreit er noch lauter und ob seine Hand jemals wieder so sein wird wie vorher weiß ich nicht. Auf jeden Fall ist sie nun mit dem Loch in der Mitte recht unbrauchbar. Mit vorgehaltener Waffe taste ich ihn mit einer Hand ab und nehme schließlich seine Geldbörse an mich. Viele Kriminelle vernichten kurz vor ihrer Verhaftung noch schnell ihren Ausweis. Wenn ihre Fingerabdrücke nicht in der Datenbank der Polizei gespeichert sind und sie sich weigern irgendetwas auszusagen, kommen sie glimpflich davon. Sie werden in Beugehaft genommen, aber die beträgt im höchsten Falle drei Monate. Danach kommen sie wieder frei, weil man niemanden ohne gültige Identität verurteilen kann. Das ist eine der Lücken, die unser Gesetz noch aufweist.

Da ich momentan ohnehin nichts tun kann außer zu warten werfe ich einen Blick in die Geldbörse. Seine ID Karte ist direkt in einem durchsichtigen Fach.

"Hier steht du das hast eine Frau?"

"Ja...", bringt er unter schmerzerfüllten Keuchen hervor, "Schwanger... siebter Monat..."

Für die Nummer hier kriegt er bestimmt ein Jahr, eventuell auch ein wenig mehr. Ob er Bewährung bekommt oder nicht hängt von seinem Anwalt ab. Wenn die Nummer mit seiner schwangeren Frau aber wahr sein sollte, hat er auf jeden Fall bessere Chancen.

Es dauert ein paar Minuten bis die Polizisten kommen. Die ganze Zeit über hocke ich mit meiner Waffe in der Hand auf einem Barhocker und beobachte ihn. Er scheint nach zu denken und ein wenig geistesabwesend zu sein. Als die Ordnungshüter kommen nehmen sie ihn gleich mit. Ein Polizist vernimmt mich und befragt die Leute in der Kneipe. Als alles wieder normal ist lade ich meine Waffe nach. Die leeren Hülsen halte ich kurz in meiner Hand. Habe schon lange nicht mehr mit dieser Waffe schießen müssen, aber irgendwie ist es immer noch dasselbe Gefühl. Schließlich lasse ich die Hülsen in den Mülleimer fallen und entnehme meiner Tasche zwei neue Kugeln, die ich in die Trommel lade.


Ich befinde mich in der elften Stunde meiner Schicht und es sind nur noch wenige Gäste da. Direkt am Tresen und auch am Boden davor ist noch ein Blutfleck, den ich wegwischen muss.

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