19 November 2006

Sonntag

Es ist kurz nach Elf Uhr Nachmittags und meine Kneipe ist leer. Nun, zumindest hoffe ich das sie es ist, denn wenn nicht erlag ich wohl einem Dieb zum Opfer. Anders als viele andere Kneipen nehme ich mir Sonntags frei. Mir wurde schon dazu geraten Sonntags auch zu öffnen, aber ich mag meinen freien Sonntag. Außerdem verdiene ich gut genug um es mir leisten zu können.

Am Sonntag gehe ich immer gemütlich durch die Stadt spazieren, genauer gesagt am Stadtrand. Die Innenstadt ist nichts weiter als ein Sumpf aus Beton und Hochhäusern. Aber hier am Rand, an der Küste, kann man noch ein wenig Natur sehen. Hier gibt es neben dem Meer sogar noch ein kleines Waldstück, durch das ich jeden Sonntag gehe. Die Luft ist hier auch erheblich besser als in der Innenstadt.

Ich bleibe auf dem Betonwall stehen und überblicke die See. Vollkommen ruhig liegt sie vor mir und das Rauschen wiederholt sich beruhigend in regelmäßigen Abständen. Tief atme ich ein und wieder aus. Es ist einfach schön hier. Und natürlich erinnert es mich auch ein wenig an die Kindheit, die ich hier schon verbracht habe. Damals konnte man sogar noch im Meer schwimmen, inzwischen ist das aber nicht mehr gefahrenlos möglich. Zu viele Fabriken haben einfach im Laufe der Jahre zu viel Müll und Abwasser ins Meer geleitet, nun herrscht Verseuchungsgefahr, wenn man ins Wasser geht.

Ich setzte meinen Spaziergang fort. Es ist eigentlich nicht so das ich jeden Sonntag dieselbe, feste Route gehe. Allerdings gibt es neben dem Wall hier noch ein-zwei andere Punkte, an denen ich jedes Mal vorbei gehe. Nach einigen, ungezählten Schritten komme ich am Friedhof an. Zielstrebig schlendere ich auf einen bestimmten Punkt zu. Wie gewohnt ist es hier ziemlich leise. Mal abgesehen davon das neben mir bloß ein paar alte Leute auf dem Gottesacker unterwegs sind, zumindest im Moment, wurde um den Friedhof herum auch ein recht hoher Schutzwall errichtet, sodass man vorbeifahrende Autos und ähnliches kaum bemerkt. Dennoch kann man auch hier noch das Rauschen des Meeres hören.

Vor einem Stein aus weißem Marmor bleibe ich stehen. Obwohl ich ihn schon tausend Mal gesehen haben muss, lese ich jedes Mal aufs Neue die fein geschwungene, goldene Inschrift. Meine Hände kommen aus den Taschen meines Mantels hervor und ich falte sie vor mir einander. Schweigend stehe ich da und lasse einige Erinnerungen Revue passieren. Im Grunde tue ich jedes Mal das Gleiche, aber dennoch kann ich um dieses kleine "Ritual" nicht umhin. Das bin ich der Person die hier begraben liegt schuldig... dass bin ich mir selbst schuldig.

"Bis nächste Woche.", flüstere ich und setze meinen Spaziergang fort.

Manche Dinge, anders als andere, sollte man sagen...


Ende

18 November 2006

Woah!

Es ist noch gar nicht sooo lange her da erwähnte Raphael M. in seinem Blog ein Onlinegame namens "Revorix". Ein gratis Browsergame was ihn aufgrund des grafischen Interfaces beeindruckte, bzw. aufgrund des Umfanges.
Nun, da muss ich sagen, da dürfte ihm die Spucke wegbleiben wenn er sieht was man noch so alles gratis bekommt:
http://rappelz.gpotato.com/

Rappelz ist ein MMORPG (also kurz: Online Adventure - RPG ist blanker Hohn für das Genre) im Style von "World of Warcraft". Ich hab einfach mal auf gut Glück das Setup geladen (1.1 GB) und muss sagen das man schon was geboten bekommt soweit. Da ich auch ein paar Stunden WoW bereits hinter mir habe, fühle ich mich doch stark daran erinnert. Man erledigt halt zu Beginn erstmal die typischen "Lernquests". Man bekommt alles erklärt und die Steuerung ist recht intuitiv. Find ich ganz lustig. Für ne kleine Runde zwischendurch werd ich das Ding sicherlich auf der Platte lassen.

Samstag

Momentan befinde ich mich in der elften Stunde meiner Schicht und die Bar ist voll. Direkt am Tresen sind alle Barhocker besetzt und nahezu alle Blick in der Kneipe sind auf den vergleichsweise großen Fernseher gerichtet.

Kein Wunder. Es ist Samstag, es ist Abend, und ein Footballspiel wird übertragen. Die weltweite Liga geht langsam in die heiße Phase, es ist eines der Viertelfinalspiele. Hauptsächlich ist meine Bar also auch mit Leuten gefüllt, die sich in der Farbe eines Landes bemalt haben, Schals oder Trikots tragen und mit kleinen Fahnen jubelnd hin und her wedeln. Es ist einer der wenigen Tage für die ich mir Aushilfskräfte engagiert habe. Zwei Kellnerinnen und zwei Türsteher, die aber eigentlich viel mehr als Aufpasser fungieren. Wenn die Fans hier aneinander geraten sollten, und das kann bei so einem Spiel und unter Alkohol stehenden Menschen leicht passieren, habe ich hier die schönste Massenschlägerei meines Lebens im Gange und darauf kann ich verzichten. Sowohl die jungen Damen die kellnern, als auch die zwei Herren die potentielle Unruhestifter aus der Bar schaffen werden, habe ich für ihre Zwecke schon des öfteren eingestellt. Es wäre übertrieben zu sagen das ich sie kenne, aber es ist mir lieber bekannte Gesichter dafür einzustellen, von denen ich auch weiß das sie zuverlässig arbeiten.

"Noch ein Bier!", bestellt jemand der direkt neben mir steht.

Ich wende meinen Blick vom Bildschirm ab, befülle das Glas, kassiere und verfolge dann wieder selbst das Spiel. Football ist nun wirklich nicht mein Lieblingssport, aber wenn es um ein derartig großes Event geht, schaue ich natürlich auch zu. Es spielen die USA gegen Russland.

Im Moment ist das Spiel ausgeglichen. Vom Punktestand her stehen die Teams beinahe gleich und es sind noch zehn Minuten zu spielen. Genau wie viele andere konnte auch nicht umhin, eine kleine Wette für das Spiel abzugeben. Ich habe auf Sieg für die Russen gesetzt, die Amerikaner sind viel zu überbewertet. Nur weil es ihr quasi ihr Nationalsport ist, sollten sie sich nichts darauf einbilden.

Davon abgesehen ist es aber natürlich ein Match der Rivalen. Auch wenn es natürlich nach außen hin anders aussieht, ist es kein Geheimnis das sich die Russen und die Amerikaner nicht besonders leiden können. Schon weit im Vorhinein zu diesem Spiel kam von beiden Seiten viel Propaganda und teilweise auch zu Ausschreitungen unter den Fans. Ich will gar nicht erst wissen, wie es am Ende des Spiels im Stadion stehen wird. Es gibt zwar natürlich Sicherheitskräfte dort, und allein für dieses Spiel wurden über tausend zusätzliche Kräfte zu dem Standard angestellt, aber solche Konflikte enden für irgendwen immer böse.

Die Minuten verstreichen und es steht tatsächlich nicht besonders gut um die Amerikaner. Russland hat es geschafft in Führung zu gehen. Nun bricht die letzte Minuten an... die goldenen sechzig Sekunden. Die Amerikaner brauchen einen Punkt für den Gleichstand, was zur Folge haben würde das das Spiel in die Verlängerung gehen würde.

Dreißig Sekunden noch. Die Amerikaner in Ballbesitz. Tatsächlich schafft es der Mann sich durch die erste Verteidigungslinie zu rammen - anders kann man es einfach nicht nennen - und sprintet auf die angestrebte Linie zu, während seine Teamkameraden sich um die Verteidigungslinie kümmern. Dennoch stehen zwischen ihm und dem Ziel noch feindliche Spieler und die Zeit wird knapp.

Johnson stößt den ersten Russen einfach nur brutal von sich weg, als dieser auf ihn zugerannt kommt. Der Amerikaner gerät ins Straucheln, fängt sich aber wieder und setzt seinen Lauf fort. Nun sind es nur noch zwanzig Yards die ihn von der Ziellinie trennen, aber von hinten holt noch ein Spieler auf. Der Russe ist definitiv schneller und kommt mit jedem Schritt näher. Genau wie er mit jedem Schritt näher kommt, steigt mit jeder Sekunde die Anspannung. So laut es geht feuern die Fans in meiner Kneipe, und auch im Stadion, die beiden Spieler an.

Die letzten Meter und beide setzen nahezu zeitgleich zum Hechtsprung nach vorne an. Wie in Zeitlupe bewegen sich die beiden Männer nach vorne. Dabei ist es nur der Bruchteil einer Sekunde, den der Russe brauch um den Fuß seines Vordermannes zu packen und ihn daran nach hinten zu reißen. Durch diesen harten Zug nach hinten fehlt nur ein kleines Stück, doch der Ball schafft es nicht über die Linie und nur einen Augenblick später wird das Spiel abgepfiffen.

"Mein Gott! So etwas habe ich im Leben noch nicht gesehen! Schamarakov hat Johnson welcher so gut wie im Ziel war noch in der Luft gepackt und nach hinten gerissen! Die Russen gewinnen das Spiel - die Russen gewinnen das Spiel!", schreit der Kommentator des Spiels.

Ich höre gleichermaßen entsetzte Rufe sowie auch freudiges Jubeln in der Kneipe. Es kommt auch nicht all zu oft vor das ich sehe, wie sich ausgewachsene Männer in den Armen liegen, ferner sie nicht gerade ein Paar sind.

Nun gehen auch gleich wieder die Bestellungen los. Entweder wollen die Leute ihre Freude begießen oder aber ihre "Trauer" über das verlorene Spiel ertränken. Sofort geht mir meine Aushilfe zur Hand und verteilt die gefüllten Gläser, während ich sie befülle.

Momentan befinde ich mich in der elften Stunde meiner Schicht und die Bar ist voll. Direkt am Tresen sind alle Barhocker besetzt und die Russen haben gewonnen!

17 November 2006

Freitag

Momentan befinde ich mich in der elften Stunde meiner Schicht und es sind nur noch wenige Gäste da. Direkt am Tresen stehen noch zwei Gläser von Gästen die gerade gegangen sind und ich wische mit einem feuchten Lappe kurz über das Holz. Gerade als sie die Bar verlassen öffnet sich die Tür und sie drücken sich an einer hereinkommenden Person vorbei.

Einen Mann wie ihn sieht man nicht oft hier. Nach hinten gekämmte Haare, ein überaus gepflegtes Äußeres und ein Anzug der so teuer aussieht, wie ein gebrauchter Kleinwagen. In einer Hand hält der Fremde einen Aktenkoffer aus schwarzem Leder. Wie gesagt, solche Personen kommen nicht oft her. Abgesehen von einer Gruppe Banker die einmal die Woche herkommen um sich ordentlich zu betrinken, sind Schlipsträger hier die Ausnahme.

Mit kurzen Schritten kommt er an die Theke, legt seinen Koffer auf einem Hocker neben sich ab, und nimmt Platz.

"Ich suche den Inhaber dieser..." Er sieht sich um und rümpft die Nase ein wenig. "... Lokalität."

"Der steht vor ihnen. Kann ich ihnen helfen?"

"In der Tat." Der Mann öffnet seinen Koffer und ich kann einen kurzen Blick auf einige Papiere erhaschen. "Mein Name ist Alexander Petrovska, ich arbeite für die "Uni Rail" Company."

"Uni Rail" ist eine, inzwischen, weltweit arbeitende Firma für Eisenbahnnetzwerke. Sie haben als kleine Firma in China angefangen und sich langsam aber sicher über die ganze Welt ausgebreitet. Inzwischen haben sie unzählige private Firmen auf ihrem Territorium einfach geschluckt. Wenn sich die Firmen nicht haben kaufen lassen, wurden sie, einfach gesagt, ausgelöscht. Immerhin verloren die gekauften Firmen keine Arbeitsplätze.

"Wie sie sicherlich wissen planen wir auch hier in dieser Stadt eine Strecke für einen unserer neuen Hochgeschwindigkeitszüge zu bauen."

"Und was kann ich in dieser Angelegenheit für sie tun?"

"Nun... ihr Etablissement steht bedauerlicherweise der geplanten Route im Weg."

"Aha..." Mich auf meine Oberarme stützend lehne ich mich auf den Tresen. "Ich glaube ich ahne was sie von mir wollen."

"Wir haben bereits alle anderen Grundstücke die für die Strecke notwendig sind kaufen können... ihres ist das Letzte das fehlt."

"Tja... tut mir leid ihnen das sagen zu müssen, aber ich hege keinen einzigen Gedanken meinen Laden zu verkaufen."

"Unser Angebot wäre mehr als großzügig..."

Mit einer Hand schiebt er einen kleinen Zettel zu, den er zuvor beschriftet hat. Auf ihm steht eine sechsstellige Summe... eine sechsstellige Summe, mit der ich mich zur Ruhe setzen könnte, wenn ich das Geld nicht mit vollen Händen herauswerfe.

"Danke... aber nein danke."

"Hören sie." Der Mann lachte kurz. "Ich glaube sie wissen nicht, wem sie es zu tun haben. Wir stellen sie vor diese freundliche Abfindung für dieses... Dreckloch. Wir könnten auch einfach zur Stadt gehen und das Grundstück durch eine wesentlich niedrigere Bestechungssumme in unseren Besitz bringen."

"Nein das könnten sie nicht.", entgegne ich.

"Wären sie auch so freundlich mir zu erklären wieso?"

"Ganz einfach. Dieses Grundstück gehört mir... nicht der Stadt."

"Ihnen mag die Kneipe hier gehören, aber mit das Gebäude in dem sie sich befindet steht auf städtischem Grund."

"Nein tut sie nicht." Ein immer breiter werdendes Grinsen ziert mein Gesicht. "Dieses Grundstück befindet sich in MEINEM Besitz... um genau zu sein ist es seit sechs Generationen in Familienbesitz. Zu der Zeit als es von meinem Vorfahren gekauft wurde, gab es noch die Möglichkeit das Grundstück zu kaufen. Heut zu Tage lässt die Stadt das nicht mehr zu, aber damals war das anders. Ich bin mir sicher sie sind sich bewusst das sie rechtlich gegen mein... Dreckloch, nur einen feuchten Dreck tun können."

Ich sehe die Farbe und die Zuversicht aus dem Gesicht des Mannes weichen und kann nicht umhin, mich innerlich befriedigt zu fühlen. Das Schönste an dieser Geschichte ist, dass es nicht mal gelogen ist. Das Grundstück gehört mir, genau wie die Kneipe - beides ist ein Erbe meines Vaters, welcher es wiederum von seinem Vater geerbt hat und so weiter und so fort...

Der Vertreter von "Uni Rail" klappt seinen Koffer mit einer rauen Bewegung zu. Wieder rümpft er seine Nase kurz, verabschiedet sich mit einem kurzen Winken mit Zeige- und Mittelfinger, und verlässt daraufhin meine Bar mit genauso kleinen Schritten wie er sie betreten hat.

Ich befinde mich in der elften Stunde meiner Schicht und es sind nur noch wenige Gäste da. Direkt am Tresen stehe ich allein mit einem Papier vor mir, auf dem eine sechsstellige Zahl geschrieben steht. Ich nehme den Zettel, betrachte ihn noch ein letzte Mal, lache kurz leise und werfe ihn dann in den Papierkorb.

Donnerstag

Momentan befinde ich mich in der elften Stunde meiner Schicht und es sind nur noch wenige Gäste da. Direkt am Tresen sitzen die meisten von den wenigen Gästen die noch da sind. Eine kleine Bühne habe ich heute früh aufgebaut und nun steht dort ein einzelner Mann vor einem Mikrofon.

Donnerstags kommt jeden Abend ein Freund, Linus, und macht seine Show. Er ist Comedian - ein bayrischer Comedian - und wir kennen uns schon seit Jahren. Mich kostet sein Auftritt nichts, aber er lockt jeden Donnerstag eine gewisse Stammkundschaft in meine Bar, an der ich seit Jahren gut verdiene. Außerdem finde ich ihn selbst witzig.

"... und dann driff I so an Moh! Sogt der Bitte Mister, ich habe seit einer Woche nichts gegessen...' und I sag bloß Macht eh nix - schmeggt oise oiwai no aso, wia vor sim dog'!"

Ein Lachen geht durch den Raum und auch ich kann mir ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen. Viele Leute kamen nur einmal und als sie die Show von Linus gesehen haben, sind sie Donnerstags nie wieder gekommen. Man braucht eben eine gewisse Art von Humor die nicht jeder hat. Einige seiner Scherze sind wirklich sehr schwarz, dass muss ich zugeben, aber solange ich lachen kann und die Kunden ebenso, werde ich im Traum nicht daran denken ihn jeden Donnerstag herzubitten. Vor allem da wir nach dem Ende seiner Nummer noch in der Regel gemeinsam sitzen, ein Bier trinken und uns ein wenig unterhalten. Sonst sehen wir uns ja kaum.

"Keeper, noch einen Whiskey bitte!", ruft jemand aus dem hinteren Teil der Bar.

Ich fülle ein kleines Glas mit einem Whiskey ab, bringe es ihm, kassiere gleich und begebe mich wieder auf meinen Platz hinter der Theke.

"... und I grad drauf Scheiß da ned in'd Hos'n, I woaß scho wos I dua!" Wieder ein paar Lacher und schließlich geht der Applaus los. "Danke danke!" Er verbeugt sich knapp. "I bin je'n Donnasdog da!"

Mit lockeren Schritten verlässt er die kleine Bühne wieder und setzt sich an den Rand der Theke.

"Herr Ober! Bitte ein Glas ihres feinsten Gerstensaftes!", bestellt er und verstellt seine Stimme damit sie etwas hochnäsig klingt.

"Kommt sofort!", antworte ich nur und bin bereits dabei ihm ein Bier einzuschenken.

Als ich mir mein eigenes Glas auch noch gefüllt habe nehme ich mir einen Hocker den ich immer hinter der Theke stehen habe, man möchte auch als Barkeeper nicht ununterbrochen stehen, und setze mich zu ihm.

"Prost!"

Wir stoßen an und setzen beide die Lippen an unsere Gläser. Während ich nur einen Schluck trinke, schluckt Linus das halbe Glas in einem Zug leer. Kein Wunder. Seine Show dauert gut zwei Stunden und während dieser Zeit steht er ohne Pause auf der Bühne. Keine Pinkelpause, keine Trinkpause. Ich hatte es ihm zwar angeboten, aber er meinte das würde nur den Fluss seiner Perfomance stören und einem Künstler will ich doch nicht in sein Handwerk reden.

"Gute Show.", lobe ich, "Wie immer."

"Solang' d'Leid lochan, bin I z'frie'n"

"Wie geht's Raph?"

Raph ist ein Spitzname für Raphael und Raphael ist die Frau von Linus. Wir kennen uns auch schon seit einigen Jahren und sie ist mir immer eine gute Freundin gewesen und ist mir auch heute noch ein jederzeit willkommener Gast. Im Grunde ist es sehr schade das wir uns nur noch so selten sehen. Vor Jahren sind wir wirklich oft um die Häuser gezogen. Aber sie hat nun ihre Familie und auch ihren Job, genau wie ich.

"Basst scho. D'Kloa griagt grod ihre Zaahn, des is nadirle a ziemlicha Rämmedämme. Aber sunst gäht's ia guad."

"Schön zu hören."

Ich befinde mich in der elften Stunde meiner Schicht und es sind nur noch wenige Gäste da. Direkt am Tresen sitzt ein Komiker, den ich schon seit Jahren kenne... und er wird auch nächsten Donnerstag wieder hier auftauchen.

15 November 2006

Mittwoch

Momentan befinde ich mich in der elften Stunde meiner Schicht und es sind nur noch wenige Gäste da. Direkt am Tresen steht ein junger Mann. Er hat sich ein wenig nervös umgeschaut als er in die Bar eingetreten ist. Nun liest er die Tafel mit den verschiedenen Drinks hinter mir durch.

"Ehm... also... ich hätte gerne ein Bier... und..." Er zieht eine kleine Pistole aus der Tasche seiner Jacke hervor und richtet sie auf mich. "... den Inhalt der Kasse - sofort!"

Irgendwie habe ich es mir ja schon beinahe gedacht. Die Art wie er sich in den Laden hineinbewegt und sich umgeschaut hat. Wahrscheinlich dachte er das er leichtes Spiel hätte, weil wenige Gäste da sind. Sicher würde niemand von ihnen sich für mich eine Kugel einfangen, aber dennoch bin ich mir sehr sicher das, wenn der Räuber sich nun umdrehen und flüchten wollen würde, er mindestens drei Kugeln in den Beinen hätte.

"Okay. Aber das ist eine Sicherheitskasse. Wenn du mehr als bloß hundert Kröten muss ich den Safe öffnen." Ich trete gegen die Spüle um dem Typen was vorzuspielen.

"Jaja - mach schon!"

Ein Stück weit lehnt er sich über die Theke. Ich bin mir noch nicht sicher ob die Waffe geladen ist oder nicht. Immerhin hat der Typ gezeigt das er ein Anfänger ist. Keine Maske oder sonstige Schutzmaßnahmen sodass man ihn nicht erkennt und nur eine Kleinkaliberwaffe.

"Weißt du Junge...", beginne ich unter die Theke gebeugt. Ich greife unauffällig hinter mich und ziehe meinen Revolver hervor. Mit diesem fest in der Hand tauche ich wieder nach oben auf. "... du hast gerade den beschissensten Fehler deines Lebens begangen."

Seine Augen werden schon beinahe riesig als er in den Lauf meiner Waffe blickt. Verglichen mit seiner mickrigen Pistole ist mein Revolver ein Panzer und das hat er scheinbar auch erkannt. Ohne lange zu fackeln drücke ich ab und schieße dem Mann in die Schulter - auf diese Reichweite nicht zu treffen ist unmöglich. Einen Knall später wird der Junge hart und schnell zu Boden gerissen.

Schreiend rollt er sich über den Boden, eine Hand an die Schulter gelegt die ich angeschossen habe. Seine Pistole hat er bereits fallen gelassen. Während ich um den Tresen herumgehe bemerke ich wie ein Gast schon über sein Mobiltelefon die Polizei gerufen hat. Als ich auf ihn zugehe will er noch mal nach seiner Pistole greifen, ein weiterer, gezielter Schuss unterbindet diesen Versuch aber wieder umgehend.

Nun schreit er noch lauter und ob seine Hand jemals wieder so sein wird wie vorher weiß ich nicht. Auf jeden Fall ist sie nun mit dem Loch in der Mitte recht unbrauchbar. Mit vorgehaltener Waffe taste ich ihn mit einer Hand ab und nehme schließlich seine Geldbörse an mich. Viele Kriminelle vernichten kurz vor ihrer Verhaftung noch schnell ihren Ausweis. Wenn ihre Fingerabdrücke nicht in der Datenbank der Polizei gespeichert sind und sie sich weigern irgendetwas auszusagen, kommen sie glimpflich davon. Sie werden in Beugehaft genommen, aber die beträgt im höchsten Falle drei Monate. Danach kommen sie wieder frei, weil man niemanden ohne gültige Identität verurteilen kann. Das ist eine der Lücken, die unser Gesetz noch aufweist.

Da ich momentan ohnehin nichts tun kann außer zu warten werfe ich einen Blick in die Geldbörse. Seine ID Karte ist direkt in einem durchsichtigen Fach.

"Hier steht du das hast eine Frau?"

"Ja...", bringt er unter schmerzerfüllten Keuchen hervor, "Schwanger... siebter Monat..."

Für die Nummer hier kriegt er bestimmt ein Jahr, eventuell auch ein wenig mehr. Ob er Bewährung bekommt oder nicht hängt von seinem Anwalt ab. Wenn die Nummer mit seiner schwangeren Frau aber wahr sein sollte, hat er auf jeden Fall bessere Chancen.

Es dauert ein paar Minuten bis die Polizisten kommen. Die ganze Zeit über hocke ich mit meiner Waffe in der Hand auf einem Barhocker und beobachte ihn. Er scheint nach zu denken und ein wenig geistesabwesend zu sein. Als die Ordnungshüter kommen nehmen sie ihn gleich mit. Ein Polizist vernimmt mich und befragt die Leute in der Kneipe. Als alles wieder normal ist lade ich meine Waffe nach. Die leeren Hülsen halte ich kurz in meiner Hand. Habe schon lange nicht mehr mit dieser Waffe schießen müssen, aber irgendwie ist es immer noch dasselbe Gefühl. Schließlich lasse ich die Hülsen in den Mülleimer fallen und entnehme meiner Tasche zwei neue Kugeln, die ich in die Trommel lade.


Ich befinde mich in der elften Stunde meiner Schicht und es sind nur noch wenige Gäste da. Direkt am Tresen und auch am Boden davor ist noch ein Blutfleck, den ich wegwischen muss.

14 November 2006

Dienstag

Momentan befinde ich mich in der elften Stunde meiner Schicht und es sind nur noch wenige Gäste da. Direkt am Tresen ein junges Paar. Von dem was ich gehört sind sie noch nicht lange zusammen, auch wenn es mich nicht wirklich interessiert. Schätzungsweise sind sie gerade mal so an die zwanzig Jahre alt. Bei der heutigen Moral den die Jugend an den Tag legt steckt er seinen Schwanz wahrscheinlich bereits nächste Woche in ein anderes Mädchen hinein

Als ich in ihrem Alter war, war eine Freundin noch etwas worauf man Stolz sein konnte. Heut zu Tage waren Partner nichts weiter als Junk Food. Und wenn ich mir die Gestik und Mimik des Jungen so anschaue, dann scheint es wirklich nichts ernstes zu sein. Es kommt immer wieder vor das Kerle in einer Bar, auch in meiner Bar, versuchen eine Frau für einen schönen Abend aufzureißen und die "Profis" in diesem Bereich schaffen es auch mit nur wenig Mühe. Sie suchen sich einfach eine Frau heraus die nach ein wenig Nähe und Liebe dürstet und haben dann schon halb gewonnen.

Dieser Junge ist allerdings garantiert kein Profi. Mich würde es nicht mal wundern, wenn er bisher immer bei den Mädchen abgeblitzt ist und bloß den Erfahrenen mimt. Aber das ist nicht mein Problem. Wenn das Mädchen dumm genug ist auf so jemanden herein zu fallen... bleibt nur zu hoffen das sie infolge dessen auch daraus lernt.

Die beiden tuscheln miteinander und das Mädchen kichert am laufenden Band. Scheinbar stört es sie gar nicht das bloß sie alkoholische Dinge trinkt und er nicht. Es dauert noch ein paar Minuten, dann stehen sie auf. Etwas misstrauisch schaut er sich um als sie beide auf dem Männerklo verschwinden.

Ich nehme mir einfach die beiden leeren Gläser die nun einsam und verlassen auf dem Tresen stehen und lasse sie in die immer gefüllte Spüle fallen. Es gibt keine Hausregel gegen Sex auf dem Klo und so selten wie das vorkommt plane ich auch nicht das zu ändern. Dennoch können sich die Leute die meinen es unbedingt dort treiben zu müssen sicher sein, dass ich nachschaue wie es danach dort aussieht und im Zweifelsfalle werden die Leute dafür auch zur Rechenschaft gezogen. Wie das eine Mal als sich zwei Kerle auf das Klo verzogen haben. Ich habe nichts gegen Schwule, jeder soll auf seine Art und Weise glücklich werden. Dummerweise hatten die beiden einen Naturkaviarfetisch was irgendwie darin resultierte, dass am Ende ein Klo komplett zugeschissen war. Daraufhin habe ich das Klo abgesperrt und einen Detektiv angeheuert der die beiden wieder gefunden hat. Sie haben jeden Tropfen Scheiße selbst wieder aufgeleckt. Danach kamen die Zwei zwar nie wieder in meine Kneipe, aber ich denke sie haben ihre Lektion gelernt.

Ein schriller Schrei reißt mich jäh aus meinen Erinnerungen. Er kommt aus dem Herrenklo. Die Tür fliegt auf und das Mädchen stolpert mit halb zerrissener Kleidung heraus. Nach wenigen Schritten fällt sie schließlich. Tränen stehen in ihren vor Angst weit aufgerissnen Augenwinkeln.

"Hilfe!", kreischt sie, "Dieser Typ...!"

"Bleib gefälligst...!"

Der Junge bricht ab als er sieht das das Mädchen es aus dem Klo heraus geschafft hat. Für einen Augenblick bleibt er wie eingefroren stehen. Es dauert ein paar Sekunden, dann wird er etwas bleich und seine Hände ballen sich zu Fäusten.

"Du dumme Schlampe!"

Mit einer Faust ausholend setzt er auf das immer noch am Boden liegende Mädchen zu. Ich greife in die Spüle hinein und schleudere das Glas aus dem er selbst getrunken über die Theke hinweg. Noch bevor er zwei Schritte gemacht hat zerschellt es klirrend an seinem Gesicht und er taumelt zurück.

"Ah! Meine Augen!", brüllt er vor Schmerzen auf und hebt die Hände vors Gesicht, "Meine verdammten Augen!"

Während ich mich daran mache meinen Platz hinter der Theke zu verlassen, drücke ich im Vorbeigehen einen Knopf. Durch das Drücken wird ein Signal an eine Notfallstelle gesendet und eine Polizeistreife sowie auch ein Notarztwagen machen sich gleich auf den Weg zu mir - quasi eine Art "Stiller Alarm". Die Einrichtung hat mich nicht gerade wenig Geld gekostet, aber sie hat sich inzwischen bewährt. Mit einigen großen Schritten stehe ich vor dem Jungen, welcher immer noch vor Schmerzen schreit, wenn auch nicht mehr so laut wie in dem Augenblick, als das Glas ihn getroffen hat.

Als ich bei ihm angekommen bin, packe ich ihn am Kragen und drücke ihn nicht gerade zimperlich gegen die Wand. Durch den unerwarteten Aufschlag verfällt er in einen Hustenanfall, als ich aber meine schwere Faust in seinem Magen vergrabe bricht er vollends zusammen. Damit wäre er schon mal unschädlich gemacht.

Nun wende ich mich dem Mädchen zu, die das gesamte Schauspiel mit offenem Mund betrachtet hat. Scheinbar kann sie immer noch nicht so ganz glauben, was da gerade geschehen ist. Ich reiche ihr meine Hand und ziehe sie wieder auf die Füße.

"Alles in Ordnung?", erkundige ich mich.

"J... ja...", stammelt sie mit tränenerstickter Stimme und schluckt.

Ich führe sie auf einen Sitz an der Bar und während sie sich ihre Kleidung richtet so gut es geht, gehe ich wieder hinter die Theke und reiche ihr ein Glas mit Wasser.

"Danke.", kommt leise über ihre Lippen.

"Keine Ursache.", entgegne ich.

So eine Aktion hatte ich schon seit geraumer Zeit nicht mehr. Es kommt immer mal wieder vor das man jemanden der im Suff aggressiv wird zur Räson bringen muss, aber das dort etwas offensichtlich anderes vorgefallen ist, kann man sich ja denken.

"Ich hätte nie mit diesem Arschloch mitgehen sollen...", schnieft sie, "Dieser Bastard hat mich abgefüllt und... und... ich wollte gar nicht mit ihm... aber..."

Schluchzend legt sie den Kopf auf ihre Hände. Es dauert ein paar Minuten bis zwei Polizisten die Bar betreten. Ich erkläre ihnen die Situation und sie führen den bewusstlosen Jungen ab, während sich der Notarzt um das Mädchen kümmert. Als alles vorbei ist kehre die Scherben auf und packe sie in den Müll. Ein Glas für ein junges Mädchen... fairer Tausch.

Ich befinde mich in der elften Stunde meiner Schicht und es sind nur noch wenige Gäste da. Direkt am Tresen steht ein halbvolles Glas mit Wasser und eine dunkelrote Lederjacke, die das Mädchen vergessen hat.

13 November 2006

Montag

In dieser Stadt hier kann man eigentlich alles finden, wenn man nur intensiv genug danach sucht. Ob legal oder illegal spielt in diesem Dreckloch nahezu keine Rolle. Wenn man in die Arling Avenue einbiegt, findet man meine Kneipe. Zwölf Stunden am Tag geöffnet. Es ist nicht die größte Kneipe, aber mein Verdienst reicht zum Überleben. Was kostet mich auch schon mein Leben? Ich habe weder Frau noch Kinder.

Momentan befinde ich mich in der elften Stunde meiner Schicht und es sind nur noch wenige Gäste da. Direkt an der Theke hockt ein einzelner Mann. Er sieht ziemlich abgewrackt aus, weshalb ich jeden Drink den er bestellt gleich abrechne, aber er konnte bisher immer zahlen und soweit ich das sehen konnte hatte er noch mehr als genug Scheine dabei. Sein mit Bartstoppeln übersätes Gesicht hat er auf eine seiner dürren Hände gestützt und eine halb gerauchte Zigarette hängt lose in seinem Mundwinkel. Gedankenverloren starrt er vor sich hin. Schließlich kippt er seinen Gin in sich hinein.

„Noch Einen...“, bestellt er.

Ich nehme das leere Glas und befülle es erneut. Mit leicht zitternder Hand reicht er mir einen Geldschein hin.

„Passt so.“, brummt er.

„Danke.“

Ich stecke den Fünfer in die Kasse. Der Drink hätte normalerweise nur die Hälfte gekostet, aber Trinkgeld nehme ich gerne entgegen – wer würde das nicht?

„Wissen sie...“, beginnt der Mann und nippt kurz an seinem Glas, „Ich habe bei diesem großen Rüstungskonzern gearbeitet... Nation-Arms.“

Innerlich seufze ich. Es kommt des öfteren vor das sich Leute beim Barkeeper „ausheulen“, dieses Klischee kennt man ja aus dem Fernsehen... und es ist genau so! Ich habe schon sehr viele Geschichten gehört und manchmal hört man sogar Sachen, die man womöglich gar nicht hören sollte. Zumindest wie jemand seine Frau in Wut erschlagen hat... oder wie jemand einem Drogenboss ans Bein gepinkelt hat. Und obwohl ich mir diese Sachen anhöre, reagiere ich nicht darauf. Es sind nicht meine Probleme und es gibt die Polizei in dieser Stadt nicht, damit ich als Hilfssheriff die Leute richte. Ich besitze einen großkalibrigen Revolver welchen ich immer am hinteren Teil meines Hosenbundes trage. Die Waffe ist gemeldet und ich habe einen Schein für sie. In den zwanzig Jahren in denen ich meine Kneipe habe musste ich sie nur selten abfeuern, aber in eben jenen Situationen hat sie mir das Leben gerettet. Ich sorge dafür das mein Revier sauber bleibt, nicht für mehr, nicht für weniger.

„Ich habe an so einem Projekt mitgearbeitet... ich hatte zuerst gar keine Ahnung was wir da eigentlich gemacht haben. Ich war noch n Frischling, gerade aus der Ausbildung und aus dem Studium. Physik und Chemie...“ Er lacht leise. „Es ging um einen neuen Waffentyp... so eine Art Laser. Das war zuerst alles nur Theorie und Simulation am Computer.“

Mit einer Bewegung kippt er den Gin weg und mit einer Handbewegung bedeutet er mir, dass er noch Einen möchte. Ich tue wie mir geheißen und wieder zahlt er mit einem Fünfer.

„Dann führte man uns irgendwann in einen Testraum und dort stand tatsächlich dieses... riesige... unglaublich beeindruckende... Ding!“ Mit seinen Händen holt er nach links und rechts aus um die Größe zu verdeutlichen. „Natürlich wussten wir das es sich dabei um die Waffe handelte, an der wir die ganze Zeit gearbeitet hatten. Sie war einfach auf unseren Plänen, Simulationen und Theorien gebaut worden, ohne das man uns etwas gesagt hatte. Wir haben wirklich nicht schlecht gestaunt.“

Beiläufig drückt er seine Zigarette im Aschenbecher vor ihm aus, nur um sich gleich wieder eine Neue anzuzünden. Der schwarze Aschenbecher ist schon ziemlich gut mit ausgedrückten Kippenstummeln gefüllt, alle von ihm.

„Nun ja, dann ging es mit den Praxistests los. Zuerst auf Betonplatten und so was... Zielscheiben halt. Und dann haben wir Versuche an Tieren durchgeführt. Das ging immer so weiter und weiter... wir waren halt mehr Affen mit Krawatte und Kugelschreiber. Irgendwann kam dann mal was von einer Nebenstudie auf und ein paar von uns, unter anderem auch ich, haben danach gesucht. Wir fanden heraus das... das man uns deswegen einfach so an diesem Prototypen hat arbeiten lassen, weil man wissen wollte ob es Effekte auf die... Benutzer... dieser Waffe hat.“

Mit der üblichen Bewegung kippt er sich seinen Gin rein und atmet laut aus. Seine Händen zittern leicht während er seine Geschichte weiter erzählt.

„Und JA, es hat Nebeneffekte. Verstrahlung. Mein gesamter Körper ist von Tumoren übersäht, von gerade mal ein paar Jahren Arbeit... ich habe vielleicht noch ein paar Monate, mit etwas Pech.“

Ich weiß nicht ob ich ihm die Story glauben soll oder nicht. Vielleicht ist er einfach nur ein Säufer der sich das alles gerade ausgedacht hat. Viele Leute denken sich Sachen aus, wenn sie gesoffen haben. Auch wenn ich schon viele Geschichten gehört habe, bei einigen ist es doch immer noch schwer die Fiktion von dem zu unterscheiden, was wirklich geschehen ist.

„Heute bin ich... bin ich abgehauen.“, fährt er fort, „Es ist nur eine Frage der Zeit bis die mich abholen.“

„Und dann?“, frage ich.

Eigentlich ist es nur ein Reflex. Momentan gibt es nichts weiter zu tun. Mit lässigen Bewegungen trockne ich ein paar Gläser ab. Warum ihm nicht zuhören?

„Entweder zwingen sie mich zum weiterarbeiten oder sie bringen mich gleich um... so oder so, bald bin ich tot.“

Als wäre das ein Stichwort gewesen schwingt die Tür auf. Zwei Männer in schicken, schwarzen Anzügen, wie man sie von den Gästen meiner Kneipe nicht gewohnt ist, treten ein. Sie haben ungefähr die gleiche Statur, groß und bullig. Solche Leute sieht man normalerweise als Leibwachen. Nur kurz schauen sie sich um, dann gehen sie gezielt auf die Theke zu. Vorsichtshalber lege ich das Glas das ich gerade abtrockne Beiseite und stemme die Hände die Hüften. Im Falle eines Falles kann ich so leichter an meine Kanone kommen, auch wenn ich hoffe das es nicht nötig sein wird.

„Was kann ich für euch tun?“

Ohne ein Wort zu verlieren greifen sie dem Mann, der vor mir an der Theke sitzt unter die Arme und heben ihn hoch. Er wehrt sich nicht. Einer von ihnen greift in die Innentasche seiner Jacke und ich sehe anhand der Art wie er sich bewegt, dass er keine Pistole zieht. Er wirft ein zusammengerolltes Bündel Geldscheine auf den Tresen.

„Sie haben diesen Mann nicht gesehen.“, sagt der Fremde militärisch knapp und gemeinsam schleifen sie den Mann einfach aus der Bar.

Immer noch wehrt er sich nicht. Ohne zu schreien oder zu strampeln lässt er es geschehen. Er hat sein Schicksal akzeptiert... oder er hat aufgegeben. Am Ende läuft es wohl für ihn aufs Selbe hinaus, denn nun glaube ich das was er gesagt hat.

Mein Blick schweift auf die Uhr als sie die Bar verlassen haben. Ich befinde mich in der elften Stunde meiner Schicht und es sind nur noch wenige Gäste da. Direkt am Tresen stehen ein einsames, leeres Glas und ein voller Aschenbecher.